Entwicklung von Entscheidungsprozessen über die Lebensspanne

Im Laufe des Lebens treffen Menschen unzählige Entscheidungen: Als Kinder entscheiden wir, wem wir Vertrauen schenken und was unsere Vorlieben sind. Als Jugendliche müssen wir schulische Verpflichtungen und die Zeit, die wir mit unseren Freunden verbringen, unter einen Hut bringen. Als junge Erwachsene wählen wir einen Karriereweg und entscheiden, wie wir unser erstes selbst verdientes Geld ausgeben. Im späteren Erwachsenenalter müssen wir möglicherweise entscheiden, welche medizinischen Behandlungen wir durchführen lassen wollen oder wann wir in Rente gehen. Im Alter entscheiden wir uns schließlich, wie wir unseren Lebensabend verbringen—ob wir Enkel betreuen, reisen oder ehrenamtlich tätig sein wollen—und wann es notwendig sein könnte, in eine altersgerechte Unterkunft zu ziehen.

Entscheidungsstrategien in unterschiedlichen Lebensabschnitten 

Um den Anforderungen einer unsicheren Welt gerecht zu werden, müssen Menschen während ihres gesamten Lebens in der Lage sein, in unterschiedlichen Situationen adaptive Entscheidungen zu treffen. Wir erforschen, wie sich die Fähigkeit, unter Unsicherheit adaptive Urteile und Entscheidungen zu treffen, über die Lebensspanne entwickelt. Wir fragen, wie sich altersbedingte Veränderungen in kognitiven Kernfähigkeiten auf die Qualität von Entscheidungen und auf die zugrundeliegenden Prozesse auswirken. Welche Werkzeuge oder Strategien zum Schlussfolgern und Entscheiden stehen bereits in jungen Jahren zur Verfügung und welche entstehen erst im Laufe der Entwicklung? Wie unterscheiden sich ältere Erwachsene von jüngeren Erwachsenen im Umgang mit Unsicherheit und Risiko? Welche Rolle spielen unmittelbare Erfahrungen mit der probabilistischen und statistischen Struktur einer Umgebung für die Entscheidungen von Kindern und Erwachsenen?

Altersbedingte Veränderungen in Entscheidungsumgebungen

Zur Beantwortung dieser Fragen untersuchen wir die Entwicklung über die Lebensspanne aus der Perspektive der ökologischen Rationalität. Im Laufe des Lebens verändert sich die menschliche Entscheidungsumgebung grundlegend und prägt dabei die zur Verfügung stehendenden Entscheidungsstrategien sowohl zum Vor- als auch zum Nachteil. Wie erfolgversprechend unsere Entscheidungen sind, hängt also von den jeweiligen Möglichkeiten und Einschränkungen der spezifischen Entscheidungsumgebung ab, die eine jede Lebensphase ausmacht.

Literatur

  • Ciranka, S., & van den Bos, W. (2019). Social influence in adolescent decision-making: A formal framework. Frontiers in Psychology, 10:1915.
  • Herrmann, E., Haux, L. M., Zeidler, H., & Engelmann, J.M. (2019). Human children but not chimpanzees make irrational decisions driven by social comparison. Proceedings of the Royal Society B286(1894), 20182228.
  • Josef, A. K., Richter, D., Samanez-Larkin, G. R., Wagner, G. G., Hertwig, R., & Mata, R. (2016). Stability and change in risk-taking propensity across the adult lifespan. Journal of Personality and Social Psychology,111, 430–450.
  • Pachur, T., Mata, R., & Hertwig, R. (2017). Who dares, who errs? Disentangling cognitive and motivational roots of age differences in decisions under risk. Psychological Science28, 504–518.
  • Schulze, C., & Hertwig, R. (2021). A description-experience gap in statistical intuitions: Of smart babies, risk-savvy chimps, intuitive statisticians, and stupid grown-ups. Cognition210, Article 104580. 
  • Schulze, C., Hertwig, R., & Pachur, T. (2020). Who you know is what you know: Modeling boundedly rational social sampling. Journal of Experimental Psychology: General. Advance online publication.
  • van den Bos, W., & Hertwig, R. (2017). Adolescents display distinctive tolerance to ambiguity and to uncertainty during risky decision making. Scientific Reports7:40962.
  • Zilker, V., Hertwig, R., & Pachur, T. (2020). Age differences in risk attitude are shaped by option complexity. Journal of Experimental Psychology: General, 149(9), 1644–1683.
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