Einfache Entscheidungsstrategien

Im Laufe der Evolution haben Menschen einen adaptiven mentalen Werkzeugkasten entwickelt. Dieser Werkzeugkasten ist mit einfachen, aber präzisen Werkzeugen ausgestattet, die für Entscheidungen unter Unsicherheit verwendet werden können. Unsere Forschungsgruppe untersucht einfache Heuristiken – kognitive Strategien, die nur wenig Informationen berücksichtigen und nur einfache Schritte der Informationsverarbeitung verwenden. Aufgrund ihrer ökologischen Rationalität erlauben einfache Heuristiken, gute Entscheidungen zu treffen. Eine Heuristik ist dann ökologisch rational, wenn sie statistische Zusammenhänge oder Zusammenhänge von Umwelterscheinungen und psychologischen Phänomenen (z. B. Anerkennung, Vergessen, Emotionen) nutzt, um mit wenig Aufwand gute Entscheidungen zu erlauben.

Strategieselektion aus der adaptiven Werkzeugkiste

Wie jede gute Werkstatt kann sich der menschliche Geist auf mehr als ein kognitives Werkzeug stützen, um mit Unsicherheit umzugehen. Und wie jedes andere Werkzeug auch funktionieren kognitive Werkzeuge in manchen Situationen gut, in anderen aber nicht. Wie entscheiden Menschen, welche kognitive Strategie sie in einem bestimmten Kontext anwenden? Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Wahl der Strategie von der Stärke der emotionalen Reaktion auf das Entscheidungsproblem beeinflusst wird. Menschen wenden bei stark emotionsbehafteten Entscheidungsproblemen eher Strategien an, die Wahrscheinlichkeitsinformationen ignorieren (z. B. unerwünschte medizinische Nebenwirkungen) als bei Entscheidungsproblemen mit wenig emotionsbehafteten Ergebnissen (z. B. finanzielle Verluste).

Ökologisch rationales Entscheiden

Was sind die relevanten statistischen Eigenschaften der Umgebung, wie entwickeln sie sich und wie können einfache Heuristiken sie nutzen? Ein Beispiel ist der Zusammenhang zwischen Risiko und Ertrag: Je attraktiver eine potenzielle Belohnung ist, desto geringer sind die Chancen, sie tatsächlich auch zu erhalten. Unsere Studien haben gezeigt, dass Menschen auf ihr Wissen über den Zusammenhang zwischen Risiko und Ertrag zurückgreifen, um die Wahrscheinlichkeit abzuleiten, dass eine bestimmte Wahloption eine Belohnung mit sich bringt.

Theorienintegration

Unsere Forschungsgruppe versucht, die Zusammenhänge zwischen verschiedenen theoretischen Konzepten herauszuarbeiten, z. B. zwischen einfachen Heuristiken und anderen Konzepten aus den Kognitions- und Verhaltenswissenschaften (z. B. prospect theory, ACT-R, Diffusionsmodellen). Diese Theorieintegration offenbart, wie verschiedene Frameworks alternative, aber komplementäre Wege zur Untersuchung der heuristischen Prinzipien der Entscheidungsfindung bieten. 

Literatur

  • Fechner, H. B., Schooler, L. J., & Pachur, T. (2018). Cognitive costs of decision-making strategies: A resource demand decomposition with a cognitive architecture. Cognition170, 102–122.
  • Pachur, T., Suter, R. S., & Hertwig, R. (2017). How the twain can meet: Prospect theory and models of heuristics in risky choice. Cognitive Psychology, 93, 44–73.
  • Pleskac, T. J., Conradt, L., Leuker, C., & Hertwig, R. (2021). The ecology of competition: A theory of risk-reward environments in adaptive decision making. Psychological Review128(2), 315–335.
  • Pleskac, T. J., & Hertwig, R. (2014). Ecologically rational choice and the structure of the environment. Journal of Experimental Psychology: General143, 2000–2019.
  • Spiliopoulos, L., & Hertwig, R. (2020). A map of ecologically rational heuristics for uncertain strategic worlds. Psychological Review, 127, 245–280.
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