Ute Frevert (Ed.), Moral Economies, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2019. (Geschichte und Gesellschaft: Sonderheft No. 26).

Gibt es eine moralische Ökonomie des Kapitalismus? Der Begriff „moralische Ökonomie“ stammt aus einer vorkapitalistischen Zeit und bezeichnete nicht das, was wir uns heute unter Ökonomie vorstellen. Erst im 19. Jahrhundert verengte er sich auf die Produktion und Zirkulation von Waren und Dienstleistungen. Zugleich nahm er einen deutlich kritischen Ton an: Wer damals von moralischer Ökonomie sprach, zeigte in der Regel anklagend auf die moderne Wirtschaftsform, der es angeblich an Moral mangelte. Auch gegenwärtig wird die Frage nach der Moral des Kapitalismus häufig gestellt und kontrovers diskutiert. Das Buch greift in diese Diskussion ein. Anhand historischer Fallstudien aus dem 18., 19. und 20. Jahrhundert führt es vor, wie stark ökonomische Tätigkeiten und Entscheidungen von moralischen Gut-Böse-Klassifikationen durchsetzt waren. Es zeigt darüber hinaus, wie kraftvoll die klassisch-antike Vorstellung eines „eingebetteten“ Wirtschaftens in der Moderne fortwirkt. Vorbild war dabei oft der private Haushalt, in dem sich moralische, soziale und ökonomische Handlungsmotive sicht- und erfahrbar verschränkten. Noch die Do-It-Yourself-Bewegung des späten 20. und frühen 21. Jahrhunderts richtete sich an diesem Modell aus und verband damit zugleich eine moralische Kritik des Kapitalismus.

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