Minerva Forschungsschwerpunkt
Gefühl und Krankheit
"Geschichte(n) einer komplizierten Beziehung"
(beendet, Laufzeit 2015-2020)
Bedenkt man, wie allgemein Krankheit ist, wie gewaltig die geistige Veränderung, die sie bringt, wie erstaunlich, wenn das Licht der Gesundheit schwindet, die unentdeckten Länder sind, die sich dann erschließen, […] wenn wir das alles bedenken, und wir sind so häufig dazu gezwungen, dann erscheint es wahrlich seltsam, dass nicht die Krankheit mit der Liebe und dem Kampf und der Eifersucht zusammen ihren Platz eingenommen hat unter den Hauptthemen der Literatur. (Virginia Woolf, Über das Kranksein, 1926)
Während Virginia Woolf noch 1926 das Schweigen der Schriftsteller zur existentiellen Bedeutung von Krankheit verwundert registrieren konnte, gehören Krankheit und Gebrechlichkeit heutzutage zu den wesentlichen Themen der sogenannten schönen Literatur. Historiographisch blieb die Beziehung zwischen Gefühl und Krankheit bislang jedoch weitgehend im Dunkeln. Die Minerva-Forschungsgruppe will diese Lücke schließen. Dazu erforscht sie erstens die Emotionsgeschichte der Krebskrankheit als eine der sichtbarsten und am meisten gefürchteten Krankheiten des 20. Jahrhunderts. Zweitens ergründet sie die Wissenschafts- und Kulturgeschichte der Psychosomatik – ein Feld, auf dem sich im 20. Jahrhundert zahlreiche wissenschaftliche, soziale und politische Debatten über das Verhältnis von Gefühlen, Geist, Körper und Gesellschaft entzündeten.
Projekte des Minerva Schwerpunktes
Veröffentlichungen
- Hitzer, B. (2020), Krebs Fühlen. Eine Emotionsgeschichte des 20. Jahrhunderts, Stuttgart: Klett-Cotta.
- Hitzer, B. & Dror, Otniel & Laukötter, Anja & León-Sanz, Pilar (Hg.) (2016), History of Science and the Emotions (Themenheft / Osiris, 31).
- Hitzer, B. (2013), Körpersorge(n). Gesundheitspolitik mit Gefühl. In C. Jarzebowski/A. Kwaschik (Hg.), Performing Emotions. Interdisziplinäre Perspektiven auf das Verhältnis von Politik und Emotion in der Frühen Neuzeit und in der Moderne, Göttingen: V&R unipress, S. 43-68.
- Hitzer, B. & Gammerl, B. (2013), Wohin mit den Gefühlen? Vergangenheit und Zukunft des Emotional Turn in den Geschichtswissenschaften, in: Berliner Debatte Initial 24, 3, S. 31-40.
- Hitzer, B. (2011), Die Therapeutisierung der Gefühle. Eine Geschichte aus dem 20. Jahrhundert, in: Der Mensch. Zeitschrift für Salutogenese und anthropologische Medizin 42/43, H. 1+2, S. 17-20.
- Hitzer, B. (2011), Gefühle heilen. In U. Frevert et al., Gefühlswissen. Eine lexikalische Spurensuche in der Moderne, Frankfurt : Campus, S. 121-151.