Gefühle verwalten

 


Den Staat fühlen: Die emotionalen Stile der französischen Verwaltung

Francesco Buscemi

Zu den modernen politischen Institutionen gehörten nicht nur Parlamente und Präsidenten, sondern - unauffälliger - auch öffentliche Verwaltung und Recht. Entgegen landläufiger Meinung beschäftigten sich beide intensiv mit Emotionen. Die nachrevolutionäre französische Bürokratie ermutigte ihre Beamten, bestimmte Arten von Gefühlen zu entwickeln, um als gute Republikaner und loyale Diener des souveränen Staates zu gelten.

Während die absolute Monarchie und Napoleon das politische Gerüst der heutigen Fünften Französischen Republik erfanden, wurde das wirkliche Leben der staatlichen Institutionen durch die wechselnden Emotionen derer geprägt, die für sie arbeiteten, und durch sichtbare Spannungen zwischen verschiedenen emotionalen Skripten und Praktiken für und von Staatsbeamten. Zeitgleich abgelegte bürgerliche Eide sowie staatsbürgerliche Urkunden bezeugen, dass alle Beamten während der Französischen Revolution den gleichen politischen Glauben teilen sollten. Der Aufbau und die Ziele von zwei verschiedenen nationalen Verwaltungsschulen, eine 1848, die andere 1945 gegründet, zeigen, wie unterschiedliche Regime diejenigen politischen Emotionen nährten, die als Voraussetzung für den bürokratischen Dienst galten.


Das Recht fühlen: Die emotionalen Stile der internationalen Strafgerichtsbarkeit

Agnes Arndt

Die internationale Strafgerichtsbarkeit gilt ihrem Selbstverständnis nach als neutral, unpolitisch und emotionslos, steht jedoch gleichzeitig vor der Herausforderung, global unterschiedliche Vorstellungen darüber, was Recht und Gerechtigkeit ist, in Einklang mit internationaler Rechtsprechung zu bringen. Die Analyse dieser Dynamik in Fällen von Völkermord, Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Aggression zeigt die Entstehung und Entwicklung der internationalen Strafgerichtsbarkeit als politische Institution.

Drei Fallstudien betrachten wichtige Schritte innerhalb dieser Entwicklung: die Prozesse gegen Kriegsverbrecher vor den Nürnberger Militärgerichten, die Einrichtung des Internationalen Strafgerichtshofs für das ehemalige Jugoslawien und des Internationalen Strafgerichtshofs. Sie bilden den Kern der Studie, die zum einen erläutert, wie und welche Emotionen zur Entstehung und Institutionalisierung der Internationalen Strafgerichtsbarkeit geführt haben, und zum anderen erklärt, wie die auf diese Weise entstandenen Gerichte auf individuell und kollektiv artikulierte Emotionen reagierten und weiterhin reagieren, sie prägen und politisieren.

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