Gefühle kommunizieren


Die Haltung des Parlaments: Wie Architektur politische Emotionen in Deutschland reguliert

Philipp Nielsen

Die Ausbreitung partizipativer Politik seit dem neunzehnten Jahrhundert war auch eine Geschichte der zunehmenden Parlamentarisierung. Die Geschichte von Parlamentsgebäuden in Deutschland – wie dem Reichstag in Berlin und dem Bundeshaus in Bonn – zeigen nicht nur, dass Gefühle in diesen Räumen produziert wurden, sondern auch, dass sie bereits in die Architektur eingebaut waren. Gefühle wurden sichtbar und manifestierten sich in einer Architektur, die bestimmte politische Ideale verkörpern sollte. In ihren neuen Versammlungssälen mussten Parlamentarier sich eigene Verhaltensregeln geben, die alle eine räumliche Dimension hatten: wie und wo sollten sie sitzen; wann reden und wann nicht; wie sollte mit jenen umgegangen werden, die die Regeln brachen; sollten sie der Sitzungsräume verwiesen werden?

In ihrer Bezüglichkeit auf die Körper der Parlamentarier waren diese Regeln auch Ergebnisse von Annahmen über Gefühle, solchen die als demokratische galten oder auch nicht. Politische Räume und Emotionen überlagerten sich daher und schufen sich gegenseitig, wenn auch nicht immer auf die von Politikern und Architekten intendierte Weise.


Zur Haltung der Nation: Franklin D. Roosevelts "Fireside Chats", oder: Wie man eine neue Beziehung zur Regierung aufbaut

Michael Amico

Das Aufkommen neuer Medientechnologien – wie der Zeitung oder später des Rundfunks – erweiterte den Kreis der Zuhörerschaft politischer Reden, die man nun auch außerhalb von Parlamenten hören konnte und ohne dem Redner physisch nah zu sein.

So vermittelte US-Präsident Franklin D. Roosevelt den Amerikanern inmitten der Great Depression ein neues Gefühl der Zuversicht und des Vertrauens in die Regierung, indem er sich zwischen 1933 und 1945 in einer Serie von 31 im Radio übertragenen Reden – seinen Fireside Chats – an die Nation wandte.

Der spezielle Stil und die Mittel der von Roosevelt eingesetzten emotional templates waren geprägt von seiner Persönlichkeit als Politiker, von seinem Denken über Demokratie und vom Medium des Radios. Seine „Kamingespräche“ im Äther verwandelten institutionelle Aufgaben und Verpflichtungen in einen dramatischen Akt. In einer von konkurrierenden politischen Rhetoriken und Widerstreit bestimmten Welt legten sie damit die Macht zur Veränderung in die Hände einer jeden Amerikanerin und eines jeden Amerikaners. Sogar jene, denen die Gesetze und Sozialprogramme von Roosevelts New Deal nicht direkt zugutekamen, schrieben ihm, wie seine Worte und Bilder ihre Ängste, ihre Sorgen und ihre Wut in Zuversicht und Hoffnung verwandelt hätten. Sie würden alles in ihren Kräften Stehende tun, um ihm und dem Land zu helfen – eine Hingabe, die dazu beitrug, die Moral zu stärken und das Land während des Zweiten Weltkriegs weiter zu einen.


Die Haltung der Präsidenten: Wie Bilder einen Führungsstil entwerfen

Kerstin Maria Pahl

Das Image von Politikern beruht maßgeblich auf der Vermittlung, Performanz und Aufnahme von Emotionen durch Bilder. In den Porträts von George Washington, Franklin D. Roosevelt und Barack Obama verbinden sich die Darstellung von Politik im Bild mit einer Politik des Bildlichen, deren emotionale Elemente sowohl auf ikonographischer wie funktionaler Ebene zu finden sind. Einerseits visualisieren sie den emotionalen Stil von Machthabern, der zugleich auf einen bestimmten Führungs- oder politischen Stil verweisen soll. In den dargestellten Körpern der Politiker kristallisiert sich sowohl Individualität wie auch der von ihnen repräsentierte body politic und die Institution, der sie vorstehen. Andererseits adressieren die Bilder die Gefühle der Wähler*innen, oftmals mit dem gezielten Anliegen, sie für ihre Sache zu gewinnen.

Die emotionale Bindungswirkung der Präsidentenporträts, so zeigt sich, vollzieht sich sowohl durch die Darstellung als auch durch den Gebrauch, der von der Verteilung druckgraphischer Erzeugnisse über Zeitungsfotos und Wochenschauen bis zum Sharing und Internet-Memes reicht. 

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