Herrschaft der Passionen

Die emotionale Politik der Justiz im europäischen spanischen Reich, ca. 1500-1700

Stephen Cummins

Alexis de Tocqueville (1805-1859) vertrat die Ansicht, dass die Justiz im Ancien Régime eine "starre Regel", aber eine "weiche Praxis" hatte. Diese Einsicht in die modernen Analysen einfließen zu lassen, war in den letzten Jahrzehnten die wichtigste Errungenschaft einer "kopernikanischen Revolution" in der Erforschung der frühneuzeitlichen Justiz. Viele Folgen der andauernden Verhandlung von Autorität und Strafe müssen jedoch noch untersucht werden. Die emotionalen und persönlichen Folgen des antiken Rechts- und Regierungssystems sind Gegenstand dieses Projekts. Ich konzentriere mich auf das frühneuzeitliche Spanische Reich in Europa und untersuche, welche Art von emotionalen Ordnungen geschaffen wurden und wie die Menschen emotionale Ressourcen nutzen konnten, um mit Autorität umzugehen. Ich konzentriere mich insbesondere auf das Königreich Neapel, das Königreich Sizilien und das Königreich Aragonien.

Die materiellen, sozialen und spirituellen Ressourcen, auf die die Menschen in ihren alltäglichen Interaktionen mit der Obrigkeit zurückgriffen, bilden ein Kernthema dieses Projekts. Ich interessiere mich besonders für die Praxis des Schenkens, die Anrufung bestimmter Heiliger (vor allem des Heiligen Antonius von Padua) und die Art des Umgangs mit den Beamten. Ich untersuche Fragen der Legalität, Halblegalität und Kriminalität in solchen Interaktionen und der Nutzung von Ressourcen. Ich interessiere mich zum Beispiel besonders dafür, wie Banditen und andere "kriminelle" Figuren als potenzielle Ressource in Strategemen und Dilemmas funktionieren. Grundsätzlich ist bei all diesen Fragen das emotionale Feld von primärem Interesse: welche Rolle spielten Emotionen, welche und wessen, bei Verhandlungen mit der Justiz.

Hinsichtlich der Quellenlage bilden Justizarchive die Grundlage für das Projekt. Aber auch Briefe und Ego-Dokumente sind unerlässlich, um einen Blick hinter die Kulissen der behördlichen Abläufe zu erhalten. Ebenso sind die Zeugnisse der visitas durch die spanische Krone eine sehr wichtige Quelle, um einige Aspekte des praktischen Ablaufs der Justiz zu erfahren, die aus dem Gerichtsarchiv selbst nicht immer ersichtlich sind.

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