Unstatistik des Monats: Frühstück beugt Herztod vor
Die Unstatistik des Monats August bezieht sich auf eine Meldung, wonach Menschen, die das Frühstück ausfallen lassen, ein erhöhtes Herzinfarktrisiko haben. „Verzicht auf Frühstück erhöht das koronare Risiko signifikant“, meldete etwa die Ärzte Zeitung online am 2. August.
„Den Tag sollte man mit einem guten Frühstück beginnen. Denn: Wer nicht frühstückt, weist ein um 27 Prozent erhöhtes Risiko für Herzinfarkt oder Herztod auf, hat eine aktuelle US-Studie ergeben.“ So ist es in der Onlineausgabe der Ärzte Zeitung zu lesen. In Wahrheit hat die hier zitierte US-Studie lediglich ergeben, dass ein Verzicht auf das Frühstück und ein möglicher Herzinfarkt häufiger zusammen auftreten, als man das bei Unabhängigkeit dieser Ereignisse erwarten sollte. Eine mögliche Kausalbeziehung, ob also das ausgefallene Frühstück tatsächlich die Ursache für das gesteigerte Infarktrisiko ist, lässt sich aber nicht herleiten.
Besonders auffällig war der Zusammenhang bei ledigen Männern mittleren Alters. Vielleicht erleiden diese aber auch deshalb überproportional häufig einen Herzinfarkt, weil sie in der Regel privat und beruflich mehr Stress ausgesetzt sind und deshalb häufiger das Frühstück ausfallen lassen. Denn bei älteren Männern war der Zusammenhang zwischen Herzinfarkt und Frühstück nicht zu finden.
Zwar unternehmen die Autoren der Studie ihr Bestes, solche weiteren Faktoren auszuschalten. Das ist aber bei Ernährungsstudien, in denen man nicht wie bei klassischen klinischen Studien mit Versuchs- und Kontrollgruppe arbeiten kann, niemals ganz möglich und erfordert zumeist zusätzliche Annahmen. So kann man auch mit den in der Studie verwendeten Methoden nicht ausschließen, dass der Zusammenhang zwischen Frühstück und Herzinfarkt auf einen Faktor zurückgeht, den man bei dieser Untersuchung nicht beachtet hat. Wie fast immer in seriösen Studien weisen die Autoren auch auf diese Grenzen hin. Und wie fast immer in der medialen Aufarbeitung wird dieser Hinweis ignoriert.
Zur Aktion „Unstatistik des Monats“
Gemeinsam mit dem RWI-Vizepräsidenten Thomas Bauer Rheinisch-Westfälisches-Institut für Wirtschaftsforschung) und dem Dortmunder Statistiker Walter Krämer (TU Dortmund) hat der Berliner Psychologe Gerd Gigerenzer, Direktor am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung, im Jahr 2012 die Aktion „Unstatistik des Monats“ ins Leben gerufen. Mit dieser Maßnahme hinterfragen die Wissenschaftler jeden Monat sowohl jüngst publizierte Zahlen als auch deren Interpretationen. Die Aktion will so dazu beitragen, mit statistischen Daten vernünftig umzugehen, in Zahlen gefasste Abbilder der Wirklichkeit korrekt zu deuten und eine immer komplexere Welt und Umwelt sinnvoll und allgemein verständlich zu beschreiben.