Was macht Gruppen erfolgreich?

Der Einfluss von Vernetzungsgrad und sozialer Lernstrategie

13. Oktober 2016

Eine Studie des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung und des Santa Fe Institute identifiziert fördernde und hemmende Bedingungen für bessere Gruppenentscheidungen. Die Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlicht.

Die Problemlösungsfähigkeit einer Gruppe hängt davon ab, wie ihre einzelnen Mitglieder miteinander vernetzt sind und wie sie miteinander kommunizieren. Doch die Studienlage scheint widersprüchlich: Einige Studien zeigen, dass gut vernetzte Gruppen erfolgreicher sind und die besseren Lösungen finden. Andere Studien dagegen weisen darauf hin, dass schlecht vernetzte Gruppen erfolgreicher sind, weil sich die einzelnen Gruppenmitglieder bei der Suche nach Lösungen mehr anstrengen müssen. So erhöhen sie die Chance auf ein besseres Ergebnis.

Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung und des Santa Fe Institute in New Mexico (USA) haben mithilfe einer Computersimulation herausgefunden, dass sich die Ergebnisse nicht widersprechen, sondern zwei Seiten derselben Medaille sind. Erfolgreiche Gruppenentscheidungen hängen davon ab, wie Gruppen zwischen der Suche nach neuen, besseren Lösungen und dem Ausnutzen existierender, gut funktionierender Lösungen abwägen. Beeinflusst wird dieses Abwägen einerseits davon, wie die einzelnen Gruppenmitglieder von anderen Mitgliedern lernen – das heißt von ihren sozialen Lernstrategien – und andererseits von der Netzwerkstruktur, in der sich die Gruppenmitglieder befinden. Eine hohe Leistungsfähigkeit ergibt sich also aus dem passenden Zusammenspiel von sozialer Lernstrategie und Netzwerkstruktur. Gut vernetzte (effiziente) Gruppen sind weniger gut vernetzten überlegen, wenn Mitglieder sich für die Lösung entscheiden, die von den anderen Teilnehmern am häufigsten vorgeschlagen wird. Weniger gut vernetzte Gruppen sind dagegen erfolgreicher, wenn sich die Einzelnen an dem Mitglied mit der besten Lösung orientieren.

Die Netzwerkstruktur bestimmt den Erfolg dieser Strategien und umgekehrt. „Wenn man sich an der besten bislang gefundenen Lösung seiner Mitstreiter orientiert, kommt man recht schnell zu einem Ergebnis. Man nutzt dieses aus und investiert weniger Zeit in die Suche. Positiv ist, dass Lösungen sich so schnell im Netzwerk verbreiten. Es birgt aber auch die Gefahr, dass zweitklassige Lösungen sich stark verbreiten. Es ist eine schnelle Strategie, die in schlecht vernetzten und langsamen Gruppen funktioniert“, sagt Erstautor Daniel Barkoczi, Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung. „Wählt man dagegen die am häufigsten vorgeschlagene Lösung, verlangsamt das den Lernprozess: Bevor man eine Lösung auswählt, muss man darauf warten, dass auch andere diese Lösung als vielversprechend einordnen“, so der Wissenschaftler weiter. Diese langsame Strategie funktioniere in gut vernetzten, effizienten Netzwerken.

Aus der Studie ergeben sich Konsequenzen für soziales Lernen in Gruppen und Organisationen sowie für technische und kulturelle Innovationen. Die Wissenschaftler konnten Bedingungen identifizieren, die Innovationen sowohl fördern als auch behindern können. „Viele Studien, die sich mit Innovationen in Organisationen beschäftigen, beschränken sich auf die Frage, wie die externe Umwelt beschaffen sein muss, um Gruppen leistungsfähiger zu machen“, so Daniel Barkoczi. Entscheidend seien aber auch die sozialen Lernstrategien, welche die Gruppenmitglieder verfolgen. Das Zusammenspiel dieser Strategien mit den Gegebenheiten der Umwelt bestimme das Ergebnis. Konzentriere man sich hingegen ausschließlich auf die Kommunikationsstrukturen, könnten Organisationen den gewünschten Effekt verfehlen.

Originalstudie
Barkoczi, D., & Galesic, M. (2016). Social learning strategies modify the effect of network structure on group performance. Nature Communications, 7, 13109. doi:10.1038/ncomms13109

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