Klarträumen und Metakognition: Wie kann ich wissen, dass ich gerade träume?
Hirnforscher entdecken Gemeinsamkeiten zwischen Traum und Wachzustand
Bei Klarträumern ist der Bereich im Gehirn größer, der uns in die Lage versetzt, kognitive Prozesse bewusst zu reflektieren. Das zeigt eine Studie von Forschern des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung in Berlin und des Max-Planck-Instituts für Psychiatrie in München. Die Ergebnisse wurden in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift The Journal of Neuroscience veröffentlicht.
Manche Menschen kennen das Phänomen des luziden Träumens, welches auch Klarträumen genannt wird. Es bezeichnet den Bewusstseinszustand, in dem man weiß, dass man gerade träumt. Der Träumer kann den Traum manchmal sogar mitgestalten. Die meisten Klarträumer erleben dieses Phänomen aber nicht mehr als ein paar Mal im Jahr und nur sehr wenige fast täglich.
Dabei ist es eine verlockende Vorstellung, die eigenen Träume zu kontrollieren und darin auszuleben, was im wahren Leben nicht gelingt, wie zum Beispiel Fliegen. Internet-Foren und Blogs sind voll mit Anleitungen und Tipps zum Klarträumen. Doch wie kommt es, dass die einen klarträumen und die anderen nicht? Und hat luzides Träumen etwas mit der menschlichen Fähigkeit zu tun, über das eigene Denken nachdenken zu können – der sogenannten Metakognition?
Obwohl diese Verbindung naheliegt, war bisher unklar, ob der Klartraum, in dem man sich bewusst ist zu träumen, und die Metakognition, also das Wissen über das eigene Wissen und Denken, tatsächlich miteinander zusammenhängen. Hirnforscher des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung in Berlin und des Max-Planck-Instituts für Psychiatrie in München konnten dies nun gemeinsam erstmals mithilfe der Magnetresonanztomografie (MRT) nachweisen. Hierzu wurden die Hirnstrukturen von 31 Probanden, die häufig klarträumen, mit denen von 31 Probanden, die nicht oder nur selten klarträumen, verglichen.
Es zeigte sich, dass bei Klarträumern derjenige Bereich im Gehirn größer ist, der als Kontrollinstanz bewusste, kognitive Prozesse steuert: der anteriore präfrontale Kortex oder auch das vordere Stirnhirn genannt. Derselbe Bereich der Hirnrinde spielt auch für die Metakognition eine wichtige Rolle. Die Unterschiede zwischen Klarträumern und Nicht-Klarträumern in der Größe dieses Bereichs deuten darauf hin, dass Klarträumen und Metakognition tatsächlich miteinander zusammenhängen. Dafür sprechen auch Tests, bei denen die Probanden im Wachzustand Metakognitionsaufgaben lösten. Die dabei erstellten Hirnbilder zeigen, dass die Aktivität bei den Klarträumern höher war.
„Als nächstes interessiert uns, ob sich metakognitive Fähigkeiten trainieren lassen“, sagt Elisa Filevich, die als Postdoc-Wissenschaftlerin im Forschungsbereich „Entwicklungspsychologie“ des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung arbeitet. „Das Ergebnis unserer Studie lässt vermuten, dass Menschen, die ihre Träume kontrollieren können, auch in ihrem Alltag besonders gut über ihr eigenes Denken nachdenken können.“ Deshalb wollen die Forscher in einer nächsten Studie Probanden im luziden Träumen trainieren, um zu untersuchen, ob das Training die Metakognition positiv beeinflusst.
Originalstudie
Filevich, E., Dresler, M., Brick, T. R., & Kühn, S. (2015). Metacognitive Mechanisms Underlying Lucid Dreaming. Journal of Neuroscience, 35, 1082–1088. doi:10.1523/JNEUROSCI.3342-14.2015