Verlorene und gefundene Gefühle in der Geschichte der ökonomischen Modelle

Shabnam Mousavi

Ökonomische Modelle haben die Existenz (oder das Fehlen) von Gefühlen zwar weithin berücksichtigt, doch geschah dies immer in Anerkennung (oder Zurückweisung) der Kognitionspsychologie. Ein Beispiel für die Integration kognitionspsychologischer Ansätze stellt etwa die Verhaltensökonomie dar. Betrachtet man ökonomische Modelle im Licht der Emotionsgeschichte, so lassen sie sich immer auch als Produkt des gesellschaftlichen und kulturellen Kontextes verstehen, in dem sie entstanden. In der Folge lassen sich Modelle entwickeln, die nicht nur kognitive Phänomene, sondern auch Gefühle als wichtige Faktoren bei der Analyse menschlichen Verhaltens berücksichtigen. Im aktuellen Projekt wird die kognitionswissenschaftliche Perspektive zurückgestellt und ökonomisches Modellieren stattdessen vor dem emotionsgeschichtlichen Hintergrund interpretiert, den Ute Frevert in „Emotions in History – Lost and Found“ entwirft. Dabei zeigt sich, dass die wirtschaftsmathematische Forschung einerseits vom gesellschaftlichen Umgang mit Gefühlen im Allgemeinen geprägt ist und andererseits von der in den Sozialwissenschaften weit verbreiteten Ansicht, dass sich Gefühle aufgrund ihres diffusen Charakters einer streng wissenschaftlichen Analyse entziehen. Die historische Entwicklung ökonomischer Modelle wird als Teil der Geschichte der Gefühle in der westlichen Welt verstanden und neu interpretiert. Interviews mit verschiedenen Wissenschaftlern verleihen dem Narrativ zusätzliches Kolorit.

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