Altern, Mobilität und emotionale Arbeit in Ost- und Südostasien

Mika Toyota

Immer mehr Menschen weltweit sind auf Grund der sinkenden Heiratsrate in der letzten Phase ihres Lebens allein und ohne Familienmitglieder. Japan sind beispielsweise 23 % der Menschen im Alter von 60 bis 64 Jahren unverheiratet (2019). Wer wird sich um sie kümmern? Eine Lösung bietet die transnationale Organisation von Pflege. Mittels ethnographischer Studien möchte ich die folgenden drei Phänomene analysieren:

  • den wachsenden Sektor der Ruhestandsindustrie und Pflegekooperativen unter Migranten im Rentenalter in Südostasien (Thailand, Malaysia und Philippinen);
  • den Export der „Japanese-Style“-Pflege durch japanische Pflegeunternehmen für Südostasien. Lokale Mitarbeiter absolvieren  Trainingsprogramme für  die Pflegearbeit aber auch für Emotionsmanagment;
  • die Wiederbelebung des Landlebens, initiiert durch ältere Dorfbewohner, insbesondere durch die Entwicklung des Tourismus, der üblicherweise bildungs- und umweltorientiert ist.

Pflege für alte Menschen bedeutet eine intensive Emotionsarbeit. Emotionale Arbeit spielt ebenso eine wichtige Rolle in der von Senioren geleisteten freiwilligen Arbeit, in der von ihnen organisierten gemeinschaftlichen Initiativen, sowie in der Betreuung und Pflege von Anderen.
Die Gefühlsarbeit der Älteren stellt auch ihre emotionale Ressource dar, da sie dadurch aktiviert und für den Dienst an anderen mobilisiert werden. Näher untersuchen möchte ich die Tatsache, dass ältere Menschen, die Gefühlsarbeit leisten, dies aktiv und in einer positiven Haltung tun. Die Forschung wird damit die Theorien von emotionaler Arbeit (z.B. Hochschild) erweitern.
Meine früheren Forschungen haben gezeigt, dass es signifikante Geschlechtsunterschiede bei diesen Praktiken gibt. Beispielsweise fühlen sich japanische Männer im Ruhestand häufiger isoliert als Frauen. Von berichteten koritsu-shi (Tod in Isolation) sind deutlich mehr Männer betroffen (2018 waren es mehr als 80 %). Der Anteil der Frauen an der Gesamtzahl aller alleinlebenden alten Menschen betrug jedoch 67 %. Diese Tatsache kann als Effekt der sozialen Verteilung von Emotionen verstanden werden. Die Emotionen der Männer sind häufig  eng an das Arbeitsleben geknüpft, das wiederum ein integraler Bestandteil des japanischen Nachkriegs-Entwicklungsmodells ist. Daraus ergaben sich bestimmte emotionale Ausgangslagen. Emotionale Arbeit für und von älteren Menschen stellt daher eine Möglichkeit dar, verschiedene Aspekte von weit gefächerten historischen Entwicklungen neu zu denken.

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