Spektakuläre Reden

Emotionen, rhetorische Praktiken und neue Regeln öffentlicher Reden in Frankreich und Italien (1750-1815)

Francesco Buscemi

Religiöse Predigten und öffentliche Reden von politischen Aktivisten gehören zu den sozialen Ereignissen, die zur Ausformung der Gefühlsregeln im 18. Jahrhundert beitrugen. Sehr gut erforscht sind die Veränderungen, die während dieser Zeit durch die Buchdruck-Revolution oder die aufblühende Theaterkultur erfolgten. Der mündlichen Kultur des Zeitalters der Aufklärung und der französischen Revolution ist bisher jedoch eher wenig Aufmerksamkeit geschenkt worden.

Beim Zuhören einer Rede in der Öffentlichkeit – sei es eine Fastenpredigt oder eine politische Tirade während eines bürgerlichen Feiertages – erlebten die meisten Menschen eine neue Art von Gefühlen, die durch Autoren wie Richardson, Diderot oder Rousseau noch befördert wurden. Prominente Persönlichkeiten der Aufklärung und führende Revolutionäre waren sich sehr bewusst darüber, dass ihr Erfolg davon abhing, wie gut sie spektakuläre Ansprachen hielten.

Die Theorien zum affective turn zusammen mit den Forschungen zur Rhetorik werden helfen, einige der wichtigsten Aspekte des Lebens von Männern und Frauen während des 18. und frühen 19. Jahrhunderts zu erhellen: Wie gingen sie mit öffentlichen Reden um? Welche Gefühle wurden von ihnen erwartet und was fühlten sie dabei wirklich? Inwieweit wurden aus den emotionalen Haltungen, die in den öffentlichen Reden gezeigt wurden die neuen emotionalen Standards und Normen der Bürger des neuen politischen Zeitalters? Kurz: Wie lernten Menschen mit den neuen Gefühlzuständen umzugehen?

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