Unstatistik des Monats: Quote ist nicht gleich Quote
Die Unstatistik Juli ist die Berichterstattung über das Thema „Frauen in Führungspositionen“.
So schrieb Anfang des Monats beispielsweise welt.de „SPD droht mit Ausweitung der Frauenquote“. Ursache dieses Interesses waren neben neuen Studienergebnissen insbesondere eine gemeinsame Pressekonferenz von Bundesfamilienministerin Katarina Barley und Bundesjustizminister Heiko Maas, in der eine erste Bilanz des im Mai 2015 in Kraft getretenen „Gesetzes für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen“ gezogen wurde. Dieses Gesetz sieht für börsennotierte und mitbestimmungspflichtige Unternehmen eine feste Quote von 30 Prozent Frauenanteil für neu zu besetzende Aufsichtsratsposten vor. Sowohl die Vertreter der Bundesregierung als auch die Medien berichteten, dass dieses Ziel nahezu erreicht sei, da der Frauenteil in den betreffenden Aufsichtsräten von 25 Prozent im Jahr 2016 auf aktuell 28,1 Prozent gestiegen sei.
Doch die Aussage, dass die bis 2020 zu erfüllende Frauenquote in Aufsichtsräten fast schon erreicht ist, ist falsch. Vielmehr liegt bis zur Zielerreichung wahrscheinlich noch ein langer Weg vor uns. Wo liegt der Fehler? Die gesetzlich festgelegte Quote gilt tatsächlich nicht, wie obige Aussagen vermuten lassen, für die Aufsichtsräte als Gesamtheit, sondern für jedes einzelne Unternehmen. Der Anteil der Frauen an allen Aufsichtsräten der betroffenen Unternehmen liefert damit keinerlei Aufschluss über die Zielerreichung des Gesetzes. Hierfür müsste man vielmehr den Anteil derjenigen Unternehmen betrachten, die diese Quote erfüllen. Die auf der Homepage des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) veröffentlichten Daten zeigen, dass aktuell nur 51 der 105 (also knapp 49 Prozent) gelisteten Unternehmen die 30-Prozent-Quote bereits erfüllen (s. https://www.bmfsfj.de/quote/daten.html). Dabei verdeutlicht das Ministerium zwar die Gesamtentwicklung des Frauenanteils in Aufsichtsräten zwischen 2015 und 2017 in einer schön animierten Graphik. Die eigentlich relevante Zahl – die Entwicklung der Anzahl der Unternehmen, die die 30-Prozent-Quote erfüllen – lässt sich mit den zur Verfügung gestellten Daten jedoch nicht nachvollziehen.
Wenn alle Unternehmen inzwischen 28,1 Prozent Frauenanteil im Aufsichtsrat hätten, dann wäre die 30-Prozent Quote auch wirklich in greifbarer Nähe. Jedoch lebt diese Zahl von jenen Unternehmen, welche bereits einen sehr hohen Anteil haben, was das Problem bei vielen anderen verdeckt. Beispielsweise hat Bilfinger eine Frauen-Quote von 50 Prozent (6 Frauen von 12), während Porsche eine Quote von 0 Prozent (0 Frauen von 12) hat.
Fazit: Eine mittlere Quote ist eben nur ein Mittelwert.
Für seine Anregung zu dieser Unstatistik ein herzliches Dankeschön an Herrn Johannes Henke von der Ruhr-Universität Bochum (RUB).