Unstatistik des Monats: Schweizer auf Platz 1 des Reichen-Rankings
Berlin/Essen/Dortmund, 30. September 2013 – Die Unstatistik des Monats September 2013 ist das von einigen Medien auf Basis des Global Wealth Reports der Allianz vorgenommene „Reichen-Ranking“. So titelte die Bild am 25. September: „Deutsche sind Europas Sparmeister – Schweizer auf Platz 1 im Reichen-Ranking“.
Grundlage des Global Wealth Reports ist jedoch ein recht begrenzter Vermögensbegriff, denn er umfasst lediglich Abschätzungen des Geldvermögens privater Haushalte in verschiedenen Ländern. Darunter fällt Vermögen in Form von Aktien, Bankeinlagen, Bargeld oder Ansprüchen gegenüber Versicherungen. Nicht in diesem Vermögensbegriff enthalten sind jedoch andere Vermögensgegenstände, wie beispielsweise Immobilien, Kraftfahrzeuge oder auch Schmuck.
Die Zusammensetzung des Vermögens der Haushalte eines Landes wird jedoch von vielen verschiedenen Faktoren beeinflusst. So werden Haushalte in Ländern, in denen Kapitaleinkommen vergleichsweise hoch besteuert wird, tendenziell weniger Geldvermögen halten. Die staatliche Förderung von Immobilienbesitz wird sich ebenfalls in der Höhe des Geldvermögens niederschlagen. Ein weiterer bedeutender Grund für das über die Länder variierende Geldvermögen ist im Rentensystem zu finden: So ist es kaum verwunderlich, dass unter den im „Reichen-Ranking“ führenden Ländern insbesondere die Länder zu finden sind, die auf ein kapitalgedecktes Rentenversicherungssystem setzen. Für Deutschland und andere Länder, die die Altersvorsorge mittels Umlageverfahren finanzieren, müsste man für eine bessere Vergleichbarkeit aber die mit den Rentenversicherungsabgaben erworbenen zukünftigen Rentenansprüche der Haushalte gegenrechnen.
Es ist unbestritten, dass der Global Wealth Report der Allianz interessante und wirtschaftspolitisch hoch relevante Einblicke vermittelt, insbesondere wenn man die zeitliche Veränderung des Geldvermögens betrachtet. Für ein „Reichen-Ranking“ zu einem Stichtag ist der Report aufgrund seines begrenzten Vermögensbegriffs jedoch nur sehr bedingt geeignet. Diese Interpretation in einigen Medien macht ihn zur „Unstatistik“, nicht die in ihm enthaltenen Zahlen und Aussagen.
Zur Aktion „Unstatistik des Monats“
Gemeinsam mit dem RWI-Vizepräsidenten Thomas Bauer (Rheinisch-Westfälisches-Institut für Wirtschaftsforschung) und dem Dortmunder Statistiker Walter Krämer (TU Dortmund) hat der Berliner Psychologe Gerd Gigerenzer, Direktor am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung, im Jahr 2012 die Aktion „Unstatistik des Monats“ ins Leben gerufen. Mit dieser Maßnahme hinterfragen die Wissenschaftler jeden Monat sowohl jüngst publizierte Zahlen als auch deren Interpretationen. Die Aktion will so dazu beitragen, mit statistischen Daten vernünftig umzugehen, in Zahlen gefasste Abbilder der Wirklichkeit korrekt zu deuten und eine immer komplexere Welt und Umwelt sinnvoll und allgemein verständlich zu beschreiben.