Eine Toolbox zur Bekämpfung von Misinformationen im Internet   

Kooperationsprojekt von Wissenschaftler*innen aus 25 Institutionen und Universitäten

7. November 2024

Wie können wir uns vor Misinformationen im Internet schützen? Eine Toolbox stellt neun wissenschaftlich fundierte Strategien vor. Dazu gehören Warnhinweise, Faktenchecks und Techniken zur Verbesserung der Medienkompetenz. Sie hilft, Misinformation auf individueller Ebene zu erkennen und zu bekämpfen. Die kostenfreie Toolbox und wurde von Wissenschaftler*innen aus 25 Institutionen und Universitäten entwickelt. Sie richtet sich nicht nur an Bürger*innen, sondern auch an politische Entscheidungsträger*innen und Pädagog*innen, die eine wichtige Rolle bei der Förderung von Medienkompetenz in Schulen und Institutionen spielen. 

Im heutigen digitalen Zeitalter verbreiten sich Misinformationen schnell und oft mit schädlichen Folgen für die Gesellschaft. Eine Zunahme falscher und irreführender Informationen im Internet kann das Vertrauen in demokratische Institutionen untergraben, soziale Ungerechtigkeiten verstärken und die öffentliche Gesundheit gefährden. Angesichts dieser Herausforderungen konzentrieren sich Wissenschaftler*innen und politische Entscheidungsträger*innen zunehmend darauf, wirksame Wege zu finden, um Misinformationen entgegenzuwirken. Eine innovative Antwort ist die Entwicklung einer Toolbox, die Menschen hilft, falsche Informationen im Internet zu erkennen und zu bekämpfen. Diese Toolbox enthält wissenschaftlich fundierte Maßnahmen, die den Einzelnen befähigen, Falschinformationen zu erkennen, ihnen zu widerstehen und sie zu widerlegen. 

Auf der Grundlage der Ergebnisse von 81 wissenschaftlichen Arbeiten bietet diese Toolbox einen detaillierten Überblick über die verschiedenen Arten von Maßnahmen, ihre Wirksamkeit und die Kontexte, in denen sie getestet wurden. Jede Maßnahme dient einem bestimmten Zweck, und soll helfen, uns in der komplexen digitalen Landschaft zurechtzufinden. Einige Maßnahmen, wie Tipps zum lateralen Lesen und Überprüfungsstrategien, helfen Einzelnen, ihre Medienkompetenz zu erhöhen. Andere, wie das Widerlegen von Misinformationen, Hinweise, die dazu auffordern, auf Korrektheit zu achten oder Faktencheck-Labels, brauchen die Unterstützung von Expert*innen, Politiker*innen oder den Plattformen, um sie umzusetzen. „Wir haben es hier mit einem vielschichtigen Problem zu tun, das nicht mit einer einzigen Maßnahme angegangen werden kann. Wir müssen an mehreren Stellen gleichzeitig ansetzen“, sagt Anastasia Kozyreva, Senior Research Scientist am Forschungsbereich Adaptive Rationalität des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung. Kozyreva, deren Forschungsschwerpunkt auf der Entwicklung von Werkzeugen für das digitale Zeitalter liegt, war maßgeblich an der Entwicklung der Toolbox beteiligt. „Die Stärke der Toolbox liegt darin, dass sie einen umfassenden Überblick über verfügbare Maßnahmen gibt und ein breites Spektrum an Lösungen anbietet.“   

Warum brauchen wir sie?   
Misinformation ist schwer beizukommen. Online-Plattformen wenden verschiedene Methoden wie Inhaltsmoderation und algorithmische Herabstufung an, um sie zu bekämpfen, aber diese Maßnahmen reichen nicht aus. Sie werfen auch Bedenken hinsichtlich der Meinungsfreiheit auf. Die Toolbox bietet eine Alternative: Sie befähigt die Nutzer*innen, fundierte Entscheidungen zu treffen, und schafft so ein Gleichgewicht zwischen der Bekämpfung von Unwahrheiten und der Wahrung der Meinungsfreiheit.

Übersicht über die Interventionen

Was macht die Toolbox so besonders?  
Die Toolbox ist nicht nur eine einfache Sammlung von Strategien; sie ist das Ergebnis einer intensiven Zusammenarbeit zwischen dem Max-Planck-Institut für Bildungsforschung und vielen führenden Wissenschaftler*innen aus 24 Institutionen und Universitäten. Diese Zusammenarbeit hat es möglich gemacht, ein umfassendes und vielfältiges Set von Interventionen zu entwickeln, die wissenschaftlich fundiert und in verschiedenen Kontexten getestet sind. Was diese Toolbox einzigartig macht, ist ihre Breite und Tiefe: Sie bietet nicht nur theoretische Ansätze, sondern auch praktische Werkzeuge, die von den Nutzer*innen direkt angewendet werden können. Diese gemeinschaftliche Anstrengung spiegelt das Engagement der wissenschaftlichen Gemeinschaft wider, Lösungen für das dringende Problem der Online-Misinformationen zu finden.  

An wen richtet sich die Toolbox?  
Die Toolbox richtet sich an verschiedene Zielgruppen, darunter Internetnutzer*innen, Pädagog*innen, politische Entscheidungsträger*innen und Wissenschaftler*innen. Für Internutzer*innen bietet sie praktische Strategien, um Misinformationen im täglichen Umgang zu erkennen und ihnen entgegenzuwirken. Pädagog*innen können die Toolbox nutzen, um Medienkompetenzprogramme mit einfachen Mitteln zu bereichern, während politische Entscheidungsträger*innen diese nutzen können, um Vorschriften gegen Misinformationen zu gestalten. Wissenschaftler*innen können damit die Wirksamkeit von Maßnahmen untersuchen und neue Strategien zur Bekämpfung von Misinformationen im Internet entwickeln.  

Warum brauchen wir mehr Forschung?  
Die Toolbox ist zwar ein guter Ausgangspunkt, aber sie ist nicht die letzte Antwort gegen Online-Misinformationen. Wir müssen noch untersuchen, wie diese Maßnahmen in verschiedenen Bevölkerungsgruppen und Kulturen funktionieren. Und wenn neue Formen von Misinformationen wie KI-generierte Deepfakes auftauchen, brauchen wir neue Strategien, um Schritt zu halten. Kontinuierliche Forschung ist wichtig, um diese Instrumente zu verfeinern und neue zu entwickeln, die den wachsenden Herausforderungen durch Misinformationen gerecht werden.  

Wichtig ist, dass sich die Toolbox auf individuelles Verhalten konzentriert. Sie geht aber nicht auf größere, systemische Probleme ein, wie zum Beispiel die Verzerrung durch Algorithmen in sozialen Medien oder die wirtschaftlichen Anreize, die reißerische Inhalte fördern. Ansätze auf Systemebene – wie die Reform von Algorithmen, eine stärkere Moderation von Inhalten und wirtschaftliche Anreize gegen Misinformationen – sind ebenfalls unerlässlich, um Online-Misinformationen wirksam und nachhaltig zu bekämpfen. Dies kann nur durch die Zusammenarbeit zwischen Plattformbetreiber*innen und politischen Entscheidungsträger*innen erreicht werden.  

Die Toolbox wurde in der Zeitschrift Nature Human Behaviour veröffentlicht. Der Artikel ist hier kostenlos und nur zum Lesen aufrufbar. Die Toolbox ebenfalls zugänglich unter https://interventionstoolbox.mpib-berlin.mpg.de/. Die Online-Ergänzung enthält außerdem ausgewählte Beispiele für Interventionen.  

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