Das sind wir: Fragen an Josefine Blunk
Wie lässt sich Wissen für alle frei zugänglich machen? Mit dieser Frage beschäftigt sich Josefine Blunk, Mitarbeiterin im Bereich Bibliothek und wissenschaftliche Information, leidenschaftlich. Im Interview berichtet sie, warum sie sich für eine Karriere im Bibliothekswesen entschieden hat und was ihre Begeisterung für Open Science ausmacht.

Du arbeitest im Bereich Bibliothek und wissenschaftliche Information. Woran arbeitest Du gerade?
Josefine Blunk: In meiner Rolle als Ansprechpartnerin für alle Fragen rund ums Open-Access-Publizieren am MPIB bin ich immer im Einsatz. Dabei geht es häufig um Fragen zur Übernahme von Open-Access-Publikationsgebühren und hier beraten wir gerne zu den diversen Fördermöglichkeiten, bei denen der Teufel nicht selten im Detail steckt. Dies trifft auch auf die Arbeit im Rahmen unseres Open-Access-Zweitveröffentlichungsservices zu. Auch hier lohnt sich immer der genaue Blick in die Open-Access-Richtlinien der Verlage. Zum Glück haben die meisten Verlage mittlerweile klare Richtlinien. Nur bei einigen wenigen benötigt es manchmal noch nahezu Detektivarbeit, um verbindlich herauszufinden, unter welchen Bedingungen und in welcher Form bereits hinter einer Paywall veröffentlichte Paper bzw. Buchkapitel auf unserem MPG-Publikationsserver öffentlich geteilt werden dürfen. Die gute Nachricht: Es gibt nahezu immer einen Weg! Seit diesem Sommer bin ich zusätzlich als Projektkoordinatorin in die Entwicklung einer Open Science- sowie einer Forschungsdatenmanagement-Policy involviert, die das Institut im Frühjahr 2025 erhalten soll.
Du koordinierst das Open Science und Forschungsdatenmanagement-Policy-Projekt, was fasziniert Dich besonders an Deiner Arbeit?
Josefine Blunk: Ich finde es sehr spannend, den Wandel hin zu Open Science – kurz gesagt der Öffnung des wissenschaftlichen Prozesses in all seinen Phasen – am Institut mitzugestalten. In meiner Rolle als Projektkoordinatorin kümmere ich mich vor allem um organisatorische Aufgaben. Als Teil des Open Access Teams habe ich hier aber auch eine Doppelrolle inne und arbeite hinsichtlich dem Thema Open Access natürlich auch inhaltlich an der Open Science Policy mit. Als Vorarbeit für unsere eigenen Richtlinien sind wir in den Austausch mit anderen Forschungseinrichtungen gegangen, die bereits über Open Science bzw. Forschungsdatenmanagement-Policies verfügen und haben spannende Gespräche geführt und hilfreiche Kontakte geknüpft. Aber auch der interne Austausch, innerhalb der AG Forschungsdatenmanagement und Open Science durch Teammeetings zur Erarbeitung der jeweiligen Policies, ist unglaublich wertvoll. Hier kommen Personen aus den verschiedensten Forschungs- und Servicebereichen zusammen, tauschen ihre Sichtweisen aus und arbeiten höchst motiviert an einem gemeinsamen Ziel für das gesamte Institut. Das ermöglicht mir auch Einblicke in die Arbeitsweisen am Institut, die ich so vorher nicht hatte.
Was beinhaltet die Open Science und Forschungsdatenmanagement-Policy inhaltlich?
Josefine Blunk: Eine der maßgeblichen Aufgaben der Policies wird es sein, die strategischen Ziele für Forschungsdatenmanagement (FDM) und Open Science am Institut festzulegen. Sie werden aber auch konkrete Guidelines für die Wissenschaftler*innen enthalten und somit einen klaren Rahmen für die Umsetzung schaffen. Gleichzeitig sollen sie das Bewusstsein für FDM und Open Science am Institut stärken. Angesichts der Vielfalt an Forschungsmethoden am Institut ist uns bewusst, dass es keine „one-size-fits-all“-Lösung geben kann. Daher definieren wir für wichtige Open Science-Bereiche wie Open Access, Open Research Data, Open Software/Code und Open Educational Resources zwar institutsübergreifende Mindeststandards, möchten aber auch, dass die einzelnen Bereiche und Gruppen diese Richtlinien an ihre spezifischen Bedürfnisse anpassen oder erweitern.
Die Dokumente sind jedoch nur der erste Schritt. Damit die darin festgelegten Maßnahmen auch wirklich umgesetzt werden, legen wir großen Wert darauf, so viele Perspektiven wie möglich in die Erstellung der Policies einzubeziehen und den Prozess offen zu gestalten. Interessierte können hausintern jederzeit an diesem Prozess teilnehmen.
Worauf kommt es bei Deiner Arbeit an, welche Fähigkeiten oder Tools verwendest Du am häufigsten bei Deiner täglichen Arbeit?
Josefine Blunk: Jemand nannte mich einmal einen „E-Mail-Warrior“ – eine Beschreibung, die ich sehr passend finde. Sowohl innerhalb der Bibliothek als auch abteilungsübergreifend stehe ich fast ständig im Austausch und arbeite gemeinsam an verschiedenen Themen. Meine Arbeit erfordert daher ein hohes Maß an Organisationsgeschick, Zeitmanagement, Multitasking und natürlich Kommunikationsfähigkeiten. Routineaufgaben sind bei mir selten, und entgegen der gängigen Vorstellung – auch aus meinem privaten Umfeld – habe ich in meinem Job nur selten ein Buch in der Hand.
Was hat Dich zu einem Studium im Bibliothekswesen inspiriert und warum hast Du Dich auf Open Science spezialisiert?
Josefine Blunk: Wie einige Bibliothekar*innen, die ich kenne, hat mir lange Journalismus als Karriere vorgeschwebt. Spätestens während meiner Berufsausbildung zur Fachangestellten für Medien- und Informationsdienste beim Rundfunk Berlin-Brandenburg habe ich dann im Rahmen einer Hospitation in der Unternehmensbibliothek festgestellt, dass mir die abwechslungsreiche Arbeit in der Bibliothek viel Spaß macht. Ähnlich wie Journalist*innen müssen Bibliothekar*innen gut darin sein, Informationen zu beschaffen, zu organisieren und zu bewerten. Bibliothekar*innen haben aber in der Regel die geregelteren bzw. familienfreundlicheren Arbeitszeiten und häufiger sicherere Anstellungen. Das hat für mich am Ende den Ausschlag gegeben.
Ich glaube, meine im Studium entdeckte Affinität für Open Science basiert zum einen auf einem grundsätzlichen Interesse am Forschungsprozess und zum anderen auf einem ausgeprägten Gerechtigkeitsgefühl. In meinem Auslandssemester an der University of Dar es Salaam habe ich hautnah die Unterschiede in der Zugänglichkeit von Informationen für Studierende in Deutschland und Tansania erlebt. Für meine tansanischen Kommiliton*innen war der Zugang zu elektronischen Ressourcen über die Universitätsbibliothek sehr beschränkt, daher waren im Internet frei zugängliche wissenschaftliche Paper und Bücher unwahrscheinlich wichtig beim Verfassen von Hausarbeiten etc. Ich dagegen konnte auch im Ausland auf unzählige durch die Universitätsbibliothek der Humboldt-Universität teuer lizenzierte wissenschaftliche Inhalte zugreifen und hatte dadurch einen unfairen Vorteil. Dass das gesamte öffentlich geförderte Wissen zum Nutzen aller frei verfügbar sein sollte, empfinde ich als Selbstverständlichkeit – gemäß dem Motto „Open Science is just science done right.“ Open Science als wissenschaftlicher Standard ist ein Ziel, dem ich mit sehr gutem Gefühl meine Arbeitszeit widme.
Was schätzt Du an der Max-Planck-Community?
Josefine Blunk: Ich schätze es in einem lebendigen und internationalen Umfeld zu arbeiten, in dem ständig alles in Bewegung ist. Man bekommt hier viele Möglichkeiten über den Tellerrand zu schauen. Speziell an meiner Arbeit in der Bibliothek und wissenschaftlichen Information schätze ich, Teil einer Abteilung zu sein, die sich kontinuierlich selbst hinterfragt und danach strebt Services anzubieten, welche sich auch bei immer wieder veränderten Voraussetzungen an die Bedarfe der Wissenschaftler*innen anpassen.
In meiner Arbeit stehe ich natürlich auch mit anderen Informationsdienstleister*innen aus der Max-Planck-Community in Kontakt. Diese Community zeichnet sich durch eine starke gegenseitige Unterstützung aus – man teilt offen Best Practices, greift sich gegenseitig unter die Arme und begegnet sich mit viel Wertschätzung.