Ich denke – also spreche ich?

Was im Kopf von Menschen vor sich geht, die zum Grübeln neigen

16. Mai 2012

Grübeln kennt jeder: Die Gedanken kreisen um ein bestimmtes Thema, um ein Problem, doch man gelangt zu keiner Lösung. Solche Grübeleien kosten nicht nur Zeit, sie verderben einem häufig auch die Stimmung. Dr. Simone Kühn, Wissenschaftlerin am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin, ist der Frage nachgegangen, was im Kopf von Menschen vor sich geht, die besonders häufig zum Grübeln neigen.

Braucht der Gedanke immer das Wort? In der Philosophie ist der Zusammenhang zwischen dem Denken und der Sprache vielfach diskutiert worden. In den psychologischen Disziplinen hingegen stand bislang bevorzugt der Patient im Mittelpunkt des Interesses: Menschen, die bestimmte unerwünschte Gedanken nicht abstellen können, weil sie beispielsweise depressiv sind oder unter einer posttraumatischen Belastungsstörung leiden. Doch auch gesunde Menschen können in unterschiedlichem Maße von Grübeleien betroffen sein. In diesem Kontext setzt sich eine jetzt in dem Fachmagazin Social Cognitive and Affective Neuroscience veröffentlichte Untersuchung des Berliner Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung mit der Frage auseinander, ob Personen, die über häufiges Grübeln berichten, eine entsprechend höhere Aktivität in denjenigen Hirnregionen aufweisen, die für die Sprachproduktion zuständig sind.

In einer lang angelegten Kognitionsstudie namens COGITO wurden jüngere (20-32 Jahre) und ältere Probanden (65-80 Jahre) in 100 Sitzungen über einen Zeitraum von sechs Monaten zum Ausmaß ihres Grübelns an jenen Tagen befragt. Diese Daten wurden als Tendenz zum Grübeln gemittelt und mit der Hirnaktivierung der jeweiligen Probanden während einer kognitiven Aufgabe vor und nach den sechs Monaten in Verbindung gebracht.

Dr. Simone Kühn: „Es zeigte sich, dass Probanden mit einer ausgeprägten Tendenz zum Grübeln eine stärkere Aktivität in bestimmten Hirnregionen während der Pausen zwischen den kognitiven Aufgaben aufwiesen.“ Diese Hirnregionen, in denen Grübler stärkere Aktivität zeigten, der linke inferiore frontale Gyrus und der cinguläre Cortex, seien bisher vor allem mit gesprochener Sprache oder mit stiller innerer Rede und mit Konflikten in Verbindung gebracht worden, so Kühn weiter.

Aus diesen Befunden leiten die Wissenschaftlerin und ihr Team ab, dass Grübeleien oder sogenannte intrusive, also unerwünschte Gedanken, die sich nicht abstellen lassen, in einem sprachähnlichen Format ähnlich der inneren Rede Ausdruck finden.

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