„Das sind wir“ – Fragen an Sonja Sudimac
Unser Institut hat über 300 Mitarbeitende. Doch das ist nur eine Zahl. Wer sind die Menschen an unserem Institut? Womit beschäftigen sie sich und was treibt sie an? In unserem Format „Das sind wir“ beantworten Kolleg*innen Fragen zu ihrer Arbeit und ihrer Motivation.
Anlässlich des internationalen Frauentags am 8. März 2023 haben wir die Reihe "Das sind wir" mit 15 Wissenschaftlerinnen unseres Instituts gestartet. Wir knüpfen daran an und stellen die Wissenschaftlerin Sonja Sudimac aus der Lise-Meitner-Gruppe Umweltneurowissenschaften vor. Im vorigen Artikel von „Das sind wir“ wurde Yayouk Willems aus der MPFG Biosozial vorgestellt.
Eines Deiner Forschungsthemen in der Lise-Meitner-Gruppe Umweltneurowissenschaften sind die Auswirkungen der Umwelt auf das Gehirn und stressbedingte neuronale Mechanismen. Was fasziniert Dich an diesem Thema?
Wir wissen aus Forschungsergebnissen und persönlichen Erfahrungen, dass ein Spaziergang in der Natur die Stimmung verbessern und Stress reduzieren kann. Im Bereich der Umweltneurowissenschaften fasziniert mich die Erforschung der neuronalen Mechanismen, die diesen positiven Auswirkungen der Natur und anderer Umgebungen auf unsere psychische Gesundheit zugrunde liegen. Ich finde es besonders spannend, reale Experimente durchzuführen, bei denen die Teilnehmer einen Spaziergang in der Natur, z. B. im Grunewald, oder in einer städtischen Umgebung machen. Indem wir die Veränderungen im Gehirn nach dem Spaziergang mit MRT-Scans messen, können wir Erkenntnisse darüber gewinnen, wie diese Umgebungen stressbedingte Gehirnfunktionen beeinflussen.
Wie lauten Deine Ergebnisse zu den Auswirkungen einer natürlichen Umgebung auf die psychische Gesundheit?
Unsere Ergebnisse zeigten einen Rückgang der Amygdala-Aktivität, der Hirnregion, die an der Stressverarbeitung beteiligt ist, nach einem einstündigen Spaziergang in der Natur. Damit wurde zum ersten Mal ein kausaler Zusammenhang zwischen dem Aufenthalt in der Natur und einer Verringerung der stressbedingten neuronalen Aktivität nachgewiesen. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass ein Spaziergang in der Natur die nachteiligen Auswirkungen des städtischen Lebens auf das Gehirn abmildern kann. Diese Ergebnisse haben auch Auswirkungen auf eine evidenzbasierte Stadtgestaltungspolitik und unterstreichen, wie wichtig es ist, mehr zugängliche Grünflächen in den Städten zu schaffen, um die geistige Gesundheit und die Gehirngesundheit der Bürger zu verbessern.
Was würde mit einem Stadtmenschen geschehen, wenn er aufs Land ziehen würde?
Eine der ersten Studien im Fach Umweltneurowissenschaften ergab, dass Landbewohner bei sozialem Stress eine geringere Amygdala-Aktivität aufweisen als Stadtbewohner. Dies deutet darauf hin, dass ländliche Umgebungen für diese stressbedingte Gehirnregion von Vorteil sein könnten. Auf der Grundlage dieser Studie könnte man davon ausgehen, dass bei Stadtbewohnern, die aufs Land ziehen, die Amygdala im Laufe der Zeit weniger empfindlich auf sozialen Stress reagieren könnte. Mit anderen Worten: Es könnte eine stressigere Situation erforderlich sein, damit die Amygdala aktiviert wird. Es wäre jedoch notwendig, experimentelle Studien durchzuführen, um diese Möglichkeit zu untersuchen und kausale Schlussfolgerungen zu ziehen.
Wann hast Du festgestellt, dass Du in die Wissenschaft gehen möchtest und was würdest Du Deinem jüngeren Ich zu Beginn der wissenschaftlichen Karriere raten?
Mir wurde klar, dass ich Wissenschaftlerin werden wollte, als ich mein Praktikum absolvierte und dann an meiner Masterarbeit am Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig arbeitete. Dort hatte ich die Gelegenheit, die fMRI-Methodik kennenzulernen, die mich faszinierte (und immer noch fasziniert), und mir wurde klar, dass ich in den Neurowissenschaften forschen wollte. Ich würde meinem jüngeren Ich raten, weiterhin kreativ zu sein und sich über die Welt zu wundern!
Was schätzt Du an der Max-Planck Community?
Ich schätze die Atmosphäre der Zusammenarbeit und Interdisziplinarität innerhalb der Max-Planck Community sehr. Wenn Wissenschaftler aus verschiedenen Bereichen die Möglichkeit haben, zusammenzuarbeiten, können bahnbrechende Ideen entstehen, aber auch völlig neue Bereiche, wie zum Beispiel die Umweltneurowissenschaften. Ich schätze auch die Unabhängigkeit, die wir als Forscher haben, und die Unterstützung, die wir erhalten, um unsere eigenen Ideen einzubringen und innovative Projekte zu verfolgen. Dies in Kombination mit der hohen wissenschaftlichen Exzellenz innerhalb der Max-Planck Community schafft ein unglaublich inspirierendes Arbeitsumfeld.