Von Tiermodellen zur menschlichen Individualität: Integrative Ansätze zur Untersuchung der Plastizität des Gehirns

Hille, M., Kühn, S., Kempermann, G., Bonhoeffer, T., & Lindenberger, U. (2024). From animal models to human individuality: Integrative approaches to the study of brain plasticity. Neuron. Advance online publication. https://doi.org/10.1016/j.neuron.2024.10.006
Plastizität ermöglicht es Organismen, dauerhafte adaptive Veränderungen in neuronalen Strukturen als Reaktion auf Interaktionen mit der Umwelt zu bilden. Sie dient sowohl artenübergreifenden Funktionen als auch der individuellen Fertigkeitserwerbung. Um die menschliche Plastizität besser zu verstehen, sehen die Autor*innen die Notwendigkeit, den Dialog zwischen der Humanforschung und Tiermodellen zu stärken.
Daher schlagen sie vor,
(1) die Interpretierbarkeit makroskopischer Methoden, die in der Humanforschung eingesetzt werden, zu verbessern, indem molekulare und feinstrukturelle Messungen in Tierversuchen durch diese Methoden ergänzt werden, idealerweise bei denselben Tieren, um makroskopische Metriken zu schaffen, die auf beide Spezies anwendbar sind;
(2) spezielle, artenübergreifende Forschungsprogramme zu starten. Diese können entweder gut kontrollierte Experimente, wie das Erlernen motorischer Fähigkeiten, oder natürlichere Umgebungen umfassen, in denen die Tiere und Menschen in ihren jeweiligen Lebensräumen beobachtet werden.
(3) konzeptionelle und rechnergestützte Modelle zu entwickeln, die molekulare und feinstrukturelle Ereignisse mit Phänomenen verknüpfen, die durch makroskopische Methoden zugänglich sind.
Zusammen können diese drei Ansätze neue Erkenntnisse über die Natur plastischer Veränderungen fördern.
Um die Plastizität beim Menschen besser zu verstehen, muss die Forschung besser über verschiedene Arten und Ebenen hinweg koordiniert und integriert werden. Die Autor*innen stellen hier mehrere Möglichkeiten vor, wie diese Koordination und Zusammenarbeit verbessert werden kann.
Der Artikel entstand in enger Zusammenarbeit zwischen dem Forschungsbereich Entwicklungspsychologie und dem Forschungsbereich Umweltneurowissenschaften am MPIB. Weitere beteiligte Institutionen sind das Max Planck UCL Centre for Computational Psychiatry and Ageing Research, das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, das Deutsche Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE), die Technische Universität Dresden und das Max-Planck-Institut für Biologische Intelligenz.