Soziale Medien: Mehr Schutz für Kinder und Jugendliche gefordert
Leopoldina-Diskussionspapier empfiehlt Altersgrenzen und Einschränkungen suchterzeugender Funktionen
In Deutschland sind rund 90 Prozent der Jugendlichen ab 12 Jahren in sozialen Medien aktiv – viele sogar schon deutlich früher. Welche Folgen dies für die psychische Gesundheit hat, wird derzeit intensiv diskutiert. Die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina greift das Thema in einem aktuellen Diskussionspapier auf und spricht sich für vorbeugende Maßnahmen aus. Mitgewirkt hat unter anderem Ralph Hertwig, Direktor des Forschungsbereichs Adaptive Rationalität am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung.
Eine intensive Nutzung sozialer Medien kann mit negativen Effekten wie depressiven Verstimmungen, Angstsymptomen, Schlaf- oder Aufmerksamkeitsproblemen verbunden sein. Zwar können soziale Medien auch positive Effekte haben, das Risiko für suchtartiges Verhalten ist jedoch erheblich. Vor diesem Hintergrund haben Expertinnen und Experten der Leopoldina das Diskussionspapier Soziale Medien und die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen veröffentlicht. Darin plädieren sie für die Anwendung des Vorsorgeprinzips: Schutzmaßnahmen sollten bereits dann greifen, wenn es Hinweise auf Risiken gibt – auch wenn diese wissenschaftlich noch nicht abschließend belegt sind.
Zentrale Empfehlungen sind unter anderem:
Verbot von Social-Media-Accounts für Kinder unter 13 Jahren,
Nutzung für 13- bis 15-Jährige nur mit Zustimmung der Eltern,
Altersgerechte Gestaltung der Plattformen für 13- bis 17-Jährige, etwa ohne endloses Scrollen, Push-Nachrichten oder personalisierte Werbung ,
Ausschluss von Smartphones in Kitas und Schulen bis einschließlich Klasse 10.
Das Diskussionspapier zeigt zudem Umsetzungswege auf. Handlungsmöglichkeiten sehen die Autorinnen und Autoren insbesondere auf EU-Ebene, etwa durch die geplante EUDI-Wallet, die einen datenschutzkonformen digitalen Altersnachweis ermöglichen soll. Ergänzend empfehlen sie, digitale Bildung systematisch in Kitas und Schulen zu verankern, die Kompetenzen von Lehr- und Erziehungskräften zu stärken und Public-Health-Kampagnen für Familien aufzulegen. Weitere Forschung sei notwendig, um die Wirkmechanismen sozialer Medien besser zu verstehen und die Wirksamkeit von Schutzmaßnahmen zu überprüfen.
Als Nationale Akademie der Wissenschaften leistet die Leopoldina unabhängige, wissenschaftsbasierte Politikberatung zu gesellschaftlich relevanten Fragen. Ihre interdisziplinären Stellungnahmen zeigen Handlungsoptionen auf, deren Umsetzung Aufgabe der demokratisch legitimierten Politik ist. Alle Expertinnen und Experten arbeiten dabei ehrenamtlich und ergebnisoffen.
An der vorliegenden Stellungnahme hat Ralph Hertwig, Direktor am Forschungsbereich Adaptive Rationalität des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung in Berlin, mitgewirkt. Der Psychologe ist seit 2010 Mitglied der Leopoldina und stellt die Empfehlungen in einem begleitenden Video vor.
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