Migrantenquote ist keine Lösung
Die Frage, ob man für den Anteil von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund in Schulen eine Obergrenze festlegen sollte, hat erneut eine Debatte darüber ausgelöst, wie das deutsche Schulsystem mit der Tatsache umgehen soll, dass Deutschland seit mehr als 40 Jahren ein Zuwanderungsland ist. Wer die entsprechenden Studien dazu genauer anschaut, stellt fest: Verteilungsmaßnahmen sind keine Lösung, sondern nur die rechtzeitige Diagnostik und frühzeitige, kontinuierliche Förderung.
Die Auswertungen der ersten PISA-Studie am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung haben einen klaren Zusammenhang zwischen dem Anteil von Jugendlichen einer Schule, die aus Familien stammten, in denen normalerweise eine andere Sprache als Deutsch gesprochen wurde, und der in der jeweiligen Schule erreichten mittleren Lesekompetenz nachgewiesen. Zudem waren Werte erkennbar, ab denen dieser Zusammenhang deutlich zunahm. Für Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund lag dieser Wert bei ca. 20 bis 30 Prozent, für Jugendliche ohne Migrationshintergrund erst ab ca. 40 Prozent.
Für die aktuelle Diskussion entscheidend ist jedoch ein anderer, in derselben Studie explizit genannter Befund: Der oben beschriebene negative Effekt auf die Lesekompetenz trat in den Schulen auf, in denen es nicht gelungen war, Schülerinnen und Schülern mit ungünstigen Startvoraussetzungen hinreichende Lesekompetenz zu vermitteln – und zwar unabhängig davon, ob ihre Familien einen Migrationshintergrund hatten. Die Mehrzahl der Schülerinnen und Schüler hatte zudem die gesamte Schulzeit im deutschen Schulsystem verbracht.
Die Ergebnisse der jüngsten PISA-Studie und des IQB-Bildungstrends legen nahe, dass sich an dieser Sachlage wenig geändert hat. Verteilungsmaßnahmen sind demnach keine Lösung, sondern nur die rechtzeitige Diagnostik und frühzeitige, kontinuierliche Förderung. "Daher ist es so wichtig, die Sprach- und Leseförderung in Kitas und Schulen zu verbessern, worauf wir jüngst wieder in einer Stellungnahme der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission der Kultusministerkonferenz aufmerksam gemacht haben“, betont Prof. Dr. Petra Stanat. Sie hatte die Studie von 2006 als Wissenschaftlerin am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung durchgeführt und ist heute wissenschaftlicher Vorstand am Institut zur Qualitätssicherung im Bildungswesen (IQB).
