Besucherrekord bei der Langen Nacht der Wissenschaften
Im Fokus der Veranstaltung: Resiliente Demokratien, die Rolle der Künstlichen Intelligenz und die Auswirkungen der Umwelt auf unser Gehirn
„Elektrisierend“ – so beschrieben Mitarbeitende wie auch Besuchende die Atmosphäre der Langen Nacht der Wissenschaften am 28. Juni 2025. Mit 950 Gästen erlebte das Institut einen regelrechten Besucheransturm. Ein Rückblick auf eine Veranstaltung, die spürbar begeisterte und lange nachhallt.
Zum 25. Jubiläum der Langen Nacht der Wissenschaften erwartete die Besuchenden ein facettenreiches Programm aus Vorträgen, Ausstellungen, Mitmachaktionen und Führungen. Im Mittelpunkt standen drängende gesellschaftliche Fragen: Wie können Demokratien angesichts von Populismus, Polarisierung und Manipulationen widerstandsfähiger werden? Direktor Ralph Hertwig zeigte in seinem Vortrag, wie verhaltenswissenschaftliche Erkenntnisse zur Stärkung demokratischer Strukturen beitragen können. Ergänzt wurde dies durch Workshops zu Fehlinformation und digitaler Manipulation, in denen Besuchende lernten, Manipulationstaktiken zu erkennen und Informationen kritisch zu bewerten. Die Rolle digitaler öffentlicher Räume für die Demokratie wurde ebenfalls im Rahmen eines Workshops beleuchtet.
Künstliche Intelligenz: Zwischen Faszination, Verantwortung und künstlerischer Vision
Auch das Thema Künstliche Intelligenz war allgegenwärtig. Ob im Moral Machine-Experiment zu selbstfahrenden Autos, im Wettbewerb Mensch gegen KI beim Emotionen erkennen oder beim Vortrag, wie ChatGPT unsere Sprache verändert. Diese Themen regten zum Nachdenken über zentrale Fragen an: Wie viel Verantwortung geben wir Maschinen? Und wie verändert KI unsere Kultur?
Besonders spannend war der Blick auf das Zusammenspiel von Kunst und KI: Direktor Iyad Rahwan führt in das Konzept der Machine Culture ein, eine Kultur, die durch intelligente Maschinen entsteht oder vermittelt wird. Ein besonderes Highlight war die Führungen durch die Ausstellung Verlorene Geschichte neu erfinden der Artist-in-Residence Nora Al-Badri. Mithilfe von KI generierter Kunst rekonstruiert sie verlorenes kulturelles Erbe und hinterfragte etablierte historische Erzählungen. Ebenfalls eindrucksvoll: Die Installation Haunting H1 von Levin Brinkmann. Sie erzählt die Geschichte einer KI mit eigenem Bewusstsein, die Menschheit als Bedrohung für das Gleichgewicht der Erde ansieht. Die Besuchenden wurden hier selbst Teil eines interaktiven Zukunftsszenarios.
Am späten Abend lauschten zahlreiche Besuchenden bei angehnehmen Temperaturen und lockerem Beisammensein der Diskussionsrunde Between Code and Consciousness. Dort ging es um grundlegende Fragen des Menschseins: Sind KI-Systeme wirklich intelligent oder simulieren sie nur? Und wie verändert sich unser eigenes Selbstbild, wenn wir Maschinen menschliche Eigenschaften zuschreiben?
Umwelt & Gehirn: Wie unser Lebensraum uns formt
Der Mensch im Spannungsfeld zwischen individueller Entwicklung und Umwelt – dieses Thema durchzog zahlreiche Programmpunkte. Direktorin Simone Kühn stellte das noch junge Feld der Umweltneurowissenschaften vor und zeigte, wie Stadt- und Landumgebung neuronale Strukturen und das Wohlbefinden beeinflussen. Ein sinnliches Highlight war das virtuelle Waldbaden: Mittels Virtual Reality konnten Besucher*innen die beruhigende Atmosphäre eines Waldes mit allen Sinnen erleben, inklusive authentischer Klänge und Düfte. So wurde auf eindrucksvolle Weise spürbar, was die Forschung nahelegt: Natur tut gut.
Im neu eröffneten Babylab konnten Eltern und erfahren, wie Babys und Kleinkinder ihre natürliche Umgebung wahrnehmen und welchen Einfluss bestimmte Umweltfaktoren auf die frühkindliche Entwicklung haben. In Führungen wurde erklärt, mit welchen Methoden die Forschung jene Prozesse sichtbar macht, die vor dem Spracherwerb schwer zu erforschen sind.
Psychologische Forschung zum Anfassen
Auch die psychologische Forschung wurde auf unterhaltsame und anschauliche Weise erlebbar gemacht. Beim Experiment Eiskaltes Händchen konnten Besuchende buchstäblich in die Forschung eintauchen – und zwar mit der Hand in eiskaltes Wasser. Der sogenannte Cold Pressor Test, ein bewährtes Verfahren zur Untersuchung von Stressreaktionen, brachte nicht nur interessante Einblicke, sondern auch eine willkommene Abkühlung an diesem sommerlich heißen Abend.
Ebenso spielerisch wie lehrreich präsentierte sich der Mitmachstand Neuronale Netze: Mit bunten Pfeifenreinigern bauten Groß und Klein Modelle von Nervenzellen und lernten dabei, was Dendriten, Axone und Zellkörper eigentlich sind.
An einer interaktiven Station konnten Besucher*innen mehr über die Vagusnerv-Stimulation erfahren und erleben, wie sanfte elektrische Impulse den Vagusnerv beeinflussen – sichtbar etwa an der Pupillengröße. Forschende erklärten den Einsatz dieser Methode zur Stressreduktion und Förderung von Wohlbefinden. Für Kinder gab es altersgerechte Angebote wie mentale Übungen, Handkraft-Tests und akustische Reize. So wurde anschaulich und altersgerecht vermittelt, wie eng Körper und Geist miteinander verbunden sind – und welche Rolle moderne Neurowissenschaften dabei spielen, diese Zusammenhänge besser zu verstehen. Von Direktor Ulman Lindenberger erfuhren die Besuchenden mehr über den Zusammenhang von Bildung und kognitiver Entwicklung.
Blick hinter die Kulissen: Führungen durch Labore und Gebäude
Ein besonderer Reiz der Langen Nacht liegt im Blick hinter die Kulissen des Forschungsalltags. Technikbegeisterte Besuchende nutzten die Gelegenheit, um mit Techniker*innen und IT-Spezialist*innen ins Gespräch zu kommen und erfuhren, was es bedeutet eine hochmoderne Laborinfrastruktur am Laufen zu halten. Auch die Gruppe MR Physik gab Einblick in ihre Arbeit: In Führungen durch das MRT-Labor erklärten die Mitarbeitenden anschaulich, welche physikalischen Prinzipien hinter der hochauflösenden Bildgebung eines 3-Tesla-Magnetresonanztomografen stecken – und wie diese Technologie präzise Bilder vom Gehirn erzeugen kann.
Führungen durch das mittlerweile denkmalgeschützte Institutsgebäude, das Magazin der Bibliothek und den Garten luden dazu ein, die besondere Architektur und Atmosphäre des Hauses näher kennenzulernen.
Projekt zur Sicherung kritischer Infrastruktur: Mobilität als Energiespeicher
Am Rande der Veranstaltung wartete ein besonders zukunftsweisendes Projekt: Gemeinsam mit dem Forschungscampus Mobility2Grid, der BVG und Siemens Energy erprobt das Max-Planck-Institut für Bildungsforschung, wie E-Fahrzeuge bei Stromausfällen als mobile Notstromquellen dienen können. Das Modellprojekt zeigte eindrücklich, wie wissenschaftliche Erkenntnisse in konkrete Lösungen für gesellschaftliche Herausforderungen übersetzt werden können. In diesem Fall für die Energieversorgung von Kliniken oder Rechenzentren im Krisenfall.
Kinder entdecken die Wissenschaft
Auch der Nachwuchs kam nicht zu kurz. Über 60 Kinder nahmen an der spannenden Kinderrallye teil, die quer durchs Institut führte. An interaktiven Stationen konnten sie Stempel sammeln, kleine Aufgaben lösen, etwa den Roboter Furhat in ein Gespräch verwickeln, neuronale Netze bauen oder einen Blick auf den 3D-Drucker werfen. „Wir waren begeistert. Großartiges Angebot. Toll auch, dass es so viel für Kinder gibt. Danke an alle Mitarbeitenden! Weiter so!“, kommentierte eine Familie das Kinderprogramm.
Ein Jubiläumsjahr der Superlative
Mit der Langen Nacht der Wissenschaften feierte Berlin ein Vierteljahrhundert Wissenschaft zum Anfassen. Rund 50 wissenschaftliche Einrichtungen beteiligten sich an dem Format. Insgesamt zog es über 36.000 Besucher*innen in Labore, Hörsäle und Forschungsinstitute. Das waren 20 Prozent mehr Besuchende als im Vorjahr.
Auch das Max-Planck-Institut für Bildungsforschung konnte sich über einen Besucherrekord freuen: 950 Gäste strömten durch die denkmalgeschützten Räume des Hauses. Über 130 Mitarbeitende engagierten sich mit Vorträgen, Führungen, Experimenten und unzähligen Gesprächen bis in die späten Abendstunden. Die Rückmeldungen waren durchweg begeistert:
„Ich hab’s sehr genossen. Die Leute waren so begeistert – das regt einen noch mehr dazu an, aufmerksam und interessiert zuzuhören.“ Die Lange Nacht der Wissenschaften 2025 zeigte eindrücklich: Wissenschaft ist lebendig und gesellschaftlich relevant – und sie gewinnt an Bedeutung genau dort, wo sie offen, zugänglich und im Dialog mit der Gesellschaft stattfindet.
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