Entwicklungsbedingte Veränderungen in der Effektivität von aktiven Lernstrategien

Eine grundlegende Herausforderung für Lernende jeden Alters ist die Auswahl der in spezifischen Situationen am besten funktionierende Lernstrategie. Vorherige Forschungsprojekte zur aktiven Informationssuche bei Kindern untersuchten deren Entscheidungsverhalten im 20-Fragen-Spiel. In diesem Spiel soll ein unbekanntes Zielobjekt mit so wenigen Ja-Nein-Fragen wie möglich identifiziert werden. Die möglichen Fragen werden dabei entweder über eine Fragenliste vorgegeben oder können selbst generiert werden.

Frühere Studien konnten zeigen, dass sich die Fähigkeit, effiziente Fragen zu stellen und die Informationsumgebung zu erkunden, ab dem Alter von vier Jahren bis ins Erwachsenenalter stark verändert (Ruggeri & Lombrozo, 2015; Ruggeri, Lombrozo, Griffiths, & Xu, 2016). Obwohl vier- bis fünfjährige Kinder Schwierigkeiten damit haben, sich informative Fragen frei auszudenken (Ruggeri, Walker, Lombrozo, & Gopnik, 2016), können sie bereits aus einer Reihe vorgegebener Fragen die effektivste identifizieren (Ruggeri, Sim, & Xu, 2016). Dies legt den Schluss nahe, dass bereits Vorschulkinder die rechnerischen Grundfähigkeiten besitzen, die für die Entwicklung erfolgreicher Fragestrategien erforderlich sind. Diese entwicklungsbedingte Veränderung kann teilweise durch die zunehmende Fähigkeit von Kindern erklärt werden, übergeordnete Merkmalskategorien zu bilden, mit deren Hilfe ähnliche Objekte in Cluster gebündelt werden können (beispielsweise blaue versus grüne Monster; vgl. Ruggeri & Feufel, 2015). Ebenso spielen hierbei die Verbesserung allgemeiner verbaler Fähigkeiten und die Erweiterung des Vokabulars eine bedeutsame Rolle. Darüber hinaus liefern Computermodelle überzeugende Hinweise für das Vorhandensein von entwicklungsbedingten Unterschieden bei der Wahl der Regeln zum Abschluss der Informationssuche: Kinder neigen eher als Erwachsene dazu, die Informationssuche bis über den Punkt hinaus auszudehnen, an dem bereits eine Lösung gefunden ist.

Eins unserer Projekte zur Informationssuche: MOSES (Monster One Step ahead Effective Search)

In der Studie MOSES (Monsters One Step ahead Effective Search) arbeiten wir mit einem 20-Fragen-Spiel, in dem ein unbekanntes Objekt (ein spezielles „Monster“ – siehe das Beispiel oben) über das Stellen möglichst weniger Ja-Nein-Fragen identifiziert werden soll. Das Spiel ähnelt dem populären Spiel „Wer bin ich?“, in dem ein Cartoon-Gesicht durch das Stellen von Ja-Nein-Fragen zu den Gesichtsmerkmalen identifiziert werden soll. Nachdem die Kinder mit dem Spiel vertraut gemacht wurden – sie sollen das Monster finden, das eine besondere Maschine anschaltet –, werden ihnen vier Fragen präsentiert, aus denen sie wählen können: Sie können nach der Farbe, dem Muster oder der Form des gesuchten Monsters (zum Beispiel „Ist das Monster rund?“), oder nach einzelnen Monstern fragen („Ist es dieses Monster, das die Maschine anschaltet?“). Wir möchten durch dieses Spiel herausfinden, ob Kinder intuitiv in der Lage sind, bei der Auswahl der Frage einen Schritt im Voraus zu planen. Zudem untersuchen wir, ob Kinder bei der Auswahl der effizientesten Frage das mögliche Feedback zur gestellten Frage mit einbeziehen.

Aktuelle und zukünftige Projekte

Momentan entwickeln wir neue Ansätze zur Untersuchung spontaner aktiver Lernstrategien, um unsere Forschung zu den Ursachen von Entwicklungsveränderungen auch mit Kleinkindern und jüngeren Kindern durchführen zu können. Dieser interdisziplinäre und methodisch vielseitige Ansatz verspricht neue Erkenntnisse darüber, wie Kinder als Reaktion auf Feedback und neue Informationen ein Set von Hypothesen generieren, strukturieren und gegebenenfalls revidieren. Eine systematische Analyse des Zusammenspiels aus der Bildung von Hypothesen, der Auswahl passender Strategien zu ihrer Überprüfung sowie der Evaluation dieser Hypothesen kann unser Verständnis darüber, wie Kinder in einem realen Umfeld lernen, erweitern und vertiefen.

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